Was für eine schöner, malerische Stadt, denkst du dir. Du merkst, wie dir der Kurzurlaub sichtlich guttut. Dein Blick klebt nahezu an den pittoresken Fachwerkhäusern, die wie Perlen an einer Schnur aufgereiht sind. Dein beschwingter Schritt führt dich durch die kleinen Gassen.
Doch was ist das? Das letzte Haus verursacht in dir ein gewisses Störgefühl. Du könntest nicht benennen, was es ist, aber es sieht irgendwie… anders aus. Es passt nicht zu den anderen. Ist es die Dachterrasse? Ist es der hellblaue Anstrich? Ist es der überdimensionierte Geländewagen, der vor dem Haus steht und die Straße blockiert? Du wunderst dich und fragst dich gleichzeitig, warum Bauamt und Ordnungsamt nicht eingreifen.
Nun, vielleicht liegt das Wegschauen der Verwaltung daran, dass das Haus ihrem Chef gehört. Von „ganz oben“ lässt sich leicht eine Genehmigung für die seltsamsten Änderungen am denkmalgeschützten Haus oder ein Anwohnerparkausweis für das größte Auto weit und breit erteilen.
Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Natürlich hält sich Hagen an Recht und Gesetz. Als Jurist mit jahrzehntelanger Berufserfahrung als Richter und Anwalt weiß er aber auch, wie er es zu seinem Sinne einsetzen kann. Und das macht er mit wachsender Begeisterung.
Der Job als OB war nie sein Traumjob von Kindesbeinen an; seine Kandidatur vor ein paar Jahren hat auch wahrscheinlich einige Menschen verwundert. Klar, man kannte ihn als Sohn der Familie X, die gefühlt seit Ewigkeiten in Quedlinburg lebt, aber man hatte auch beobachtet, wie ihn seine Karriere in den letzten Jahren weiter weg von der Heimat geführt hatte. Das Jura-Studium in Halle, anschließend Tätigkeiten am Landgericht Magdeburg und Amtsgericht Quedlinburg. Schließlich der Wechsel in Anwaltskanzleien in Dresden und schlussendlich Berlin.
Das Haus, was er von seinem Großvater geerbt hatte, sowie den Zweitwohnsitz in Quedlinburg behielt Hagen, aber die Besuche wurden seltener.
Die offizielle Version lautet, dass er vor einigen Jahren zurückkam, um sich der Pflege seiner kranken Mutter zu widmen, und nach den Jahren in der Ferne nun wieder für seine Heimat engagieren möchte.
Eigentlich handelt es sich bei Hagen um jemanden, der gern den Weg des geringsten Widerstands geht. Wenn es persönlich schwierig wird, neigt er dazu, die Segel zu streichen und sich etwas Neues zu suchen. Die Zeit in einer großen Kanzlei für öffentliches Wirtschaftsrecht war schön, aber dann war da auch dieses millionenschwere Vergabeverfahren für die Stadt, was er als Berater begleitet hat, und was aus dem Ruder zu geraten drohte… die Fragen wurden unangenehmer, die Luft dünner, die Ehe wurde immer anstrengender… Da schien der Rückzug in die alte Heimat und das Angebot eines Studienfreundes, in seine Kanzlei einzusteigen, direkt sehr verlockend.
Die christlich-konservative Partei, in die er als junger Mann eingetreten war, weil er sich hierdurch Kontakte versprochen hatte, war zunächst verwundert und später (nach gewissen Überredungskünsten) sehr froh, ihn wieder zurück zu haben, dass sie ihn schließlich als Kandidaten für die anstehende OB-Wahl aufstellten. Sie rechneten nicht wirklich damit, eine realistische Chance gegen den allseits beliebten Amtsinhaber zu haben, aber wie durch ein Wunder gewann dieser „verlorene Sohn der Stadt“ die Wahl.
Seit ein paar Jahren ist Hagen also nun Chef der Verwaltung. Auf eine Sache hatte ihn weder sein Studium noch seine Tätigkeiten in der Justiz und kommunalen Beratung vorbereitet: bei den ganzen Mythen und Sagen rund um den Harz, mit denen er als Kind aufgewachsen war, handelte es sich nicht nur um bloße Kindergeschichten. Zunächst war er ungläubig, dann ratlos, doch mittlerweile versucht er, Recht und Ordnung auch auf diese Wesen anzuwenden. Und wenn es um ein bestimmtes gewünschtes Handeln der Verwaltung geht oder im Gegenteil ein gezieltes „Wegsehen“… man kann mit ihm ja über alles reden. Und es sind ja alles Bürgerinnen und Bürger der Stadt, für die er da sein muss möchte.
Bis heute ist sich Hagen nicht ganz sicher, in wieweit sein alter Freund Herr Urian in der ganzen Sache drinsteckt. Aber manche Sachen will er auch einfach nicht zu genau wissen. Zum Beispiel, wie es kommen konnte, dass er die Wahl gegen den langjährigen allseits beliebten Altbürgermeister gewonnen hat…
Hagen Ritter | Mitte-Ende 50 | verheiratet, 1 erwachsenes Kind | Oberbürgermeister | Volljurist
Ehe läuft nicht mehr so gut | bewohnt das Haus seiner Großeltern, was er mit wachsender Leidenschaft umbauen lässt | fährt schlecht Auto, aber davor das größte, dickste und lauteste, was er beim örtlichen Autohaus finden konnte | zweifelhafter Humor | überpünktlich, sei denn, er muss erst einen Parkplatz suchen, das kann dauern | fährt den Nachbarn regelmäßig Schrammen in die Autos und schiebt es auf die Touristen | geht gerne mal einen trinken | würde gern das Rathaus modernisieren lassen, ist sich aber sicher, auf Widerstand der Bürger zu stoßen | hat sich zumindest durchsetzen können, dass sämtliche Besprechungsräume und sein Büro mit riesigen Aquarien und deckenhohen Monsteras ausgestattet worden sind für das bessere Raumklima | zählt jeden Morgen vor Dienstantritt die Fische | gibt sehr gerne sein eigenes Geld aus und fremdes noch viel lieber | Stimmung wechselt zwischen unaufgeregt und größenwahnsinnig | hasst Weihnachten und wehrt sich vehement gegen die opulente Weihnachtsbeleuchtung am Rathaus, natürlich unter dem Deckmantel der zu hohen Energiekosten und der Lichtverschmutzung | möchte ein Heavy-Metal-Festival organisieren („Hart, aber Harzlich“), aber diese „Teufelsmusik“ ist dem Stadtrat suspekt. Noch.
Das war so die grobe Idee ^^ Ideen für mögliche Berührungspunkte habe ich auch schon, aber erstmal wollte ich euch den Char und Idee an sich zeigen, bevor ich euch weiter zuspame.
LG Rina